SCHILDDRÜSENERKRANKUNGEN SIND BEI HUND UND KATZE GANG UND GÄBE

Schmetterlingsorgan macht nicht nur Menschen Probleme

Hunde und Katzen sind hier nicht viel anders als Menschen – Schilddrüsenfunktionsstörungen gehören zu den häufigsten endokrinologischen Erkrankungen bei Haustieren. Während Katzen am häufigsten mit einer Überfunktion der Schilddrüse zu tun haben, macht Hunden eher eine Hypothyreose zu schaffen.

Die Hyperthyreose der Katze wurde erstmals 1979 entdeckt, der erste Fall in Europa wurde 1981 registriert. Seitdem ist die Inzidenz stark angestiegen, was nicht allein an einer verbesserten Diagnostik liegt. Katzen werden heutzutage deutlich älter, was auf den enormen Wissenszuwachs über Katzenkrankheiten, eine moderne Tiermedizin und deutlich verbesserte Lebensumstände in der Katzenhaltung zurückzuführen ist. Seitdem die Schilddrüsenhormone aber auch im Rahmen geriatrischer Screening Untersuchungen bestimmt wird und zu den Routineuntersuchungen bei der Abklärung von Krankheiten der geriatrischen Katze gehört, wird die Diagnose heute deutlich früher gestellt. Das Vollbild einer abgemagerten, struppigen und agitierten Katze sieht man daher immer seltener.

Ganz überwiegend liegt der felinen Hyperthyreose (FHT) eine meist beidseitige benigne Hyperplasie mit Autonomie vor. In seltenen Fällen kann auch ein Schilddrüsenkarzinom die Ursache sein. Eine Autoimmunerkrankung wie den M. Basedow kennt man bei Katzen nicht. Überwiegend sind ältere Katzen betroffen, nur 5 % der erkrankten Tiere sind zum Zeitpunkt der Diagnose jünger als 10 Jahre alt. Da bisher kein maßgeblicher Risikofaktor identifiziert werden konnte, sind auch keine Präventionsmaßnahmen bekannt. Diskutiert werden genetische Ursachen sowie Umwelt und Ernährungsfaktoren.

Zu den klassischen Symptomen der Hyperthyreose der Katze gehören:

  • Gewichtsverlust
  • Polyphagie
  • Polyurie
  • Verstärkter Durst
  • vermehrtes Miauen
  • Agitation, vermehrte Aktivität
  • Tachypnoe, Tachykardie
  • Erbrechen und Durchfall
  • Struppiges Fell
  • später Apathie, Inappetenz Lethargie

 

Die Hyperthyreose muss in jedem Fall behandelt werden, das gilt auch für Katzen mit chronischer Nierenerkrankung. Ziel ist eine Euthyreose unter Vermeidung von Hypothyreose und bei möglichst wenig Nebenwirkungen. Infrage kommt eine lebenslange Therapie mit Thiamazol und Carbimazol, wobei Thiamazol auch als Salbe zum Auftragen auf die Ohrmuschel zur Verfügung steht. Thiamazol steht als Tablette und als Saft zur zweimaligen Gabe pro Tag zur Verfügung, diese orale Medikamentengabe kann bei Katzen eine große Herausforderung sein. Alternativ kann bei Wohnungskatzen auch eine konsequente jodarme Ernährung (spezielles Futter y/d von Hills) zum Ziel führen. Auch definitive Verfahren wie eine Operation oder Radiojodtherapie sind möglich, werden aber eher selten durchgeführt und sind am ehesten was für relativ junge, ansonsten gesunde Katzen.

Bei Hunden Hashimoto-ähnliches Bild

Hunde leiden eher an einer Unterfunktion der Schilddrüse, die hier die am häufigsten diagnostizierte Endokrinopathie ist. Zugrunde liegt meist eine lymphozytäre Thyreoiditis, die weitestgehend der Hashimoto Thyreoiditis beim Menschen entspricht. Meist dauert es Monate bis Jahre, bis die Schilddrüse durch die immunvermittelte Entzündung zu mehr als 75 % zerstört ist und klinische Symptome auftreten. Eine weitere Ursache der Hypothyreose ist die idiopathische Atrophie der Schilddrüse, bei der keine Autoantikörper nachweisbar sind.

Das klinische Bild ist vielfältig und eher unspezifisch. Apathie, Bewegungsunlust, Gewichtszunahme und Haut und Fellveränderungen wie Alopezien oder Seborrhö können dazu gehören. Auch neurologische Symptome wie neuromuskuläre Schwäche und Monoparesen oder epileptiforme Anfälle, Reizbarkeit und Aggressivität sind möglich. Bei mehr als der Hälfte aller Hund mit Hypothyreose findet sich auch eine milde bis mittelgradige Anämie und bei mehr als 80 % eine Hypercholesterinämie. Alles zusammengenommen führt dann zur Verdachtsdiagnose, die spezielle Hormonuntersuchungen erforderlich machen.

Am häufigsten wird einfach T4 bestimmt, das bei über 95 % der hypothyreoten Hunde tatsächlich stark erniedrigt ist. Problematisch ist aber, dass auch bei praktisch jeder anderen Erkrankung ein erniedrigtes T4 vorliegen kann und es viele Faktoren gibt, die den Wert verfälschen. Als Routineparameter bei älteren Hunden ohne klinischen Verdacht sollte T4 daher nicht bestimmt werden. TSH kann zwar auch bestimmt werden, die Sensitivität ist aber anders als beim Menschen extrem schlecht. In unklaren Fällen kann auch ein TSH-Stimulationstest erfolgen. Eine relativ einfache zusätzliche Untersuchung ist auch beim Hund die Schilddrüsensonographie. Behandelt wird mit einer lebenslangen Substitution mit L-Thyroxin. Aufgrund der deutlich kürzeren Plasmahalbwertszeit von L-Thyroxin beim Hund, benötigen die hypothyreoten Vierbeiner etwa 10-mal höhere Dosen als Menschen.

Dieser Artikel entstand in Zusammenarbeit von Frau Dr. Urte Inkmann und Prof. Dr. Onno Janssen.

Autoren:

Dr. Urte Inkmann, Veterinärmedizinerin & Leiterin des Tierheims Hamburg

Dr. Urte Inkmann
Veterinärmedizinerin & Leiterin des Tierheims Hamburg

 

Prof. Dr. med. Onno E. Janßen
Facharzt für Innere Medizin, Endokrinologie und Diabetologie (DDG)
Endokrinologikum Hamburg

Quellen:
1. 2016 AAFP Guidelines for the Management of Feline Hyperthyroidism; Journal of Feline Medicine and Surgery (2016) 18, 400–416
2. M. Puille et al; Nuklearmeidzinische Diagnostik und Therapie der felinen Hyperthyreose; Der Nuklearmediziner (2010); 33: 23-31
3. FS Boretti et al; Die canine Hypothyreose eine diagnostische Herausforderung? Der Nuklearmediziner (2010); 33: 32 37

 

Letzte Aktualisierung: 29.11.2022

MAT-DE-2204970-1.0-11/2022