THYROID-LIT. 50991

Thyroid function rather than thyroid antibodies affects pregnancy and perinatal outcomes: results of a prospective study

Orsolini, F.; Gianetti, E.; Terrenzio, C.; Montanelli, L.; Benelli, E.; Bagattini, B.; Fiore, E.; Tonacchera, M.

(Dept. of Clinical and Experimental Medicine, Endocrine Unit, University of Pisa, Pisa, Italy)

J Clin Endocrinol Metab, 107: e4302-e4310 (2022)

Ein im Alltag wichtiges Thema ist das Verhältnis zwischen einer Autoimmunerkrankung der Schilddrüse, dem Vorliegen erhöhter Antikörper und dem Eintritt oder Verlauf einer Schwangerschaft.

Hierzu wurden in der letzten Zeit eine Reihe von Arbeiten publiziert. In der hier referierten, prospektiven Arbeit gingen die Verfasser dem Einfluss von Schilddrüsenantikörpern auf den Verlauf einer Schwangerschaft bei 975 Frauen nach. Hiervon wiesen 572 Patientinnen (59 %) eine autoimmune Schilddrüsenerkrankung auf, bei 403 Frauen war dies nicht der Fall (41 %). Letztere dienten als Kontrollgruppe. Lag in der ersten Gruppe ein TSH-Wert von > 2,5 mU/L vor, wurde eine Medikation mit Levothyroxin (L-T4) eingeleitet. Dies war in der Kontrollgruppe erst bei einem TSH von > 4 mU/L der Fall.

Das mittlere Alter der Gesamtgruppe betrug 33,6 ± 4,9 Jahre, der BMI 23,2 ± 4,3 kg/m2. Mindestens ein Abort war bei insgesamt 31,2 % der Schwangeren anamnestisch bekannt. In der Mehrzahl der Fälle (94,7 %) war die Schwangerschaft spontan, ohne IVF oder sonstige Maßnahmen, eingetreten. Lag eine Autoimmunthyreoiditis (AIT) vor, so erhielten bereits 58,2 % der Frauen wegen einer Hypothyreose L-T4, bei den verbleibenden (41,8 %) bestand eine euthyreote Stoffwechsellage. Bestand eine Autoimmunhyperthyreose (M. Basedow), so war die Erkrankung bei acht Frauen unter thyreostatischer Therapie gut kontrolliert (13,8 %), bei 25 Frauen lag eine iatrogene Hypothyreose vor (43,1 %), bei 23 Frauen eine euthyreote Stoffwechsellage ohne medikamentöse Therapie (39,7 %), und in zwei Fällen wurde die Hyperthyreose jetzt neu diagnostiziert (3,4 %, TSH-Rezeptor-Antikörper > 10 U/L).

Bei 37 Frauen kam es zu einer Fehlgeburt (3,8 %). Eine Frühgeburt wurde bei 8 % dokumentiert. Frauen mit einer Autoimmunthyreopathie benutzten häufiger Jodsalz als Frauen der Kontrollgruppe (69,1 % vs. 59,7 %; p = 0,003), während in der Kontrollgruppe häufiger eine Jodsupplementierung erfolgte (49,6 % vs. 66,5 %; p = 0,0001). Die Jodausscheidung im Urin unterschied sich zwischen beiden Gruppen nicht. Frauen mit erhöhten Antikörpern hatten signifikant weitere, nicht thyreoidale Autoimmunveränderungen (12,6 % vs. 4 %; p = 0,0001). Auch war bei Frauen mit einer Autoimmunthyreopathie TSH signifikant höher als in der Kontrollgruppe: im ersten Trimenon 1,83 mU/L (Median, Interquartilbereich IQR 1,94), vs. 1,0 mU/L (IQR 0,9; p = 0,0001). Dies galt auch noch für das zweite Trimenon, nicht aber für das dritte. Vergleicht man Frauen mit bzw. ohne erhöhte Antikörper, so ergaben sich zwischen beiden Gruppen keine signifikanten Unterschiede bezüglich der Fehlgeburtenrate (4,8 % vs. 2,8 %; p = 0,181), der rezidivierenden Abortrate (8,9 % vs. 8,4 %; p = 0,787), der Frühgeburtenrate (9,1 % vs. 10,0 %; p = 0,684) oder der Häufigkeit von Neugeborenen mit niedrigem Geburtsgewicht (6 % vs. 8,9 %; p = 0,108). Assoziiert man die Höhe der Schilddrüsenantikörper mit dem Schwangerschaftsverlauf, ergaben sich weiterhin zwischen beiden Gruppen (Autoimmun­thyreopathie und Kontrollgruppe) keine Unterschiede.

Auch ergaben sich keine Unterschiede zwischen der Schilddrüsenstoffwechsellage und dem Verlauf der Schwangerschaft. Allerdings: Lag ein TSH-Wert von > 4 mU/L vor, trat bei 12,9 % der Frauen ein Abort im ersten Trimenon ein, verglichen mit 4,8 % bei Frauen mit einem TSH < 4 mU/L (p = 0,05). Zudem war bei 27,3 % der Frauen mit einem TSH-Wert von > 4 mU/L eine Frühgeburt zu dokumentieren, verglichen mit 8,4 % der Frauen mit einem TSH < 4 mU/L (p = 0,029).

Insgesamt wird gefolgert: Wenn die Schilddrüsenfunktion in der Schwangerschaft gut kontrolliert ist, beeinflusst das Vorliegen erhöhter Antikörper, selbst in hoher Konzentration, den Schwangerschaftsverlauf nicht negativ.

Vgl. auch die Arbeit von Gill et al. in dieser Folge des Henning-Literaturdienstes.

Letzte Aktualisierung: 23.05.2023