THYROID-LIT. 50986

Multikinase inhibitors for the treatment of asymptomatic radioactive iodine-refractory differentiated thyroid cancer: global noninterventional study (RIFTOS MKI)  

Brose, M.S.; Smit, J.W.A.; Lin, C.-C.; Tori, M.; Bowles, D.W.; Worden, F.; Shen, D.H.-Y.; Huang, S.-M.; Tsai, H.-J.; Alevizaki, M.; Peeters, R.P.; Takahashi, S.; Rumyantsev, P.; Guan, R.; Babajanyan, S.; Ozgurdal, K.; Sugitani, I.; Pitoia, F.; Lamartina, L.

(Insgesamt 19 Institutionen aus neun Ländern)

Thyroid, 32: 1059-1068 (2022)

Sorafenib und Lenvatinib, zwei oral zu verabreichende Multikinaseinhibitoren (MKI), sind zur Behandlung eines für Radiojod refraktären differenzierten Schilddrüsenkarzinoms (DTC) zugelassen.

Ihre Wirkung entfalten sie über den vaskulären endothelialen Wachstumsfaktor (VEGF). Unklarheit besteht, wann mit dieser Therapie begonnen werden soll. Die Amerikanische Schilddrüsengesellschaft (ATA) nannte Patienten mit einem metastasierten, rasch progredienten, symptomatischen und/oder belastenden Krankheitsbild. Die Europäische Schilddrüsen­gesellschaft (ETA) empfahl eine Behandlung mit MKI bei Patienten mit einem progredienten Krankheitsbild, bei denen eine Vorenthaltung der Therapie zu Nachteilen oder klinischen Komplikationen führen würde.

Ziel dieser prospektiven, multinationalen Studie war es, den Verlauf bei asymptomatischen Patienten mit radiojodrefraktärem DTC zu untersuchen. Primäres Ziel war die Zeit bis zur symptomatischen Progression (time to symptomatic progression, TTSP). Es wurden zwei Kohorten gebildet: Kohorte 1 wurde nach ärztlicher Entscheidung bei Aufnahme in die Studie mit einem MKI behandelt (n = 169), Kohorte 2 nicht (n = 478). Zu irgendeinem Zeitpunkt erhielten 344 Patienten einen MKI.

Die Patienten wurden über 35,5 Monate nachbeobachtet (Median; Bereich < 1 bis 59,4 Monate). Bei 74 % der Patienten lag ein papilläres Karzinom vor. Bei 72 % der Patienten wurde der Tumor nach den ATA-Kriterien in die Gruppe mit mittlerem bis hohem Rezidivrisiko klassifiziert. Bei 89 % der Patienten bestanden Fernmetastasen. Von den initial 647 Patienten starben 157 (24 %) während der Studienperiode. Davon erhielten 96 einen MKI. Unter den 647 Patienten wurde in 193 Fällen eine Krankheitsprogression verzeichnet, im Median 55,4 Monate nach der ersten Visite (TTSP). 64,5 % der Patienten wiesen eine TTSP von ≥ 36 Monaten auf. In Kohorte 1 lag die TTSP bei 55,4 Monaten (Median; Interquartilbereich IQR 15,2 – nicht ab­schätz­bar), in Kohorte 2 bei 51,4 Monaten (IQR 20,0 – nicht abschätzbar). Eine TTSP von ≥ 36 Monaten wurde bei 59,5 % der Patienten in Kohorte 1 und 66,4 % der Patienten in Kohorte 2 dokumentiert. Bei Patienten mit einem papillären Karzinom (n = 476) lag die TTPS (Median) bei 55,4 Monaten, unabhängig, ob eine Therapie erfolgte oder nicht. 67,5 % hatten eine TTPS von 36 Monaten oder länger. Bei Patienten mit follikulärem Karzinom (n = 86) lag die TTPS bei 37,7 Monaten. Hier hatten 59,6 % eine TTPS von 36 Monaten oder länger. Die Überlebensrate (overall survival, OS) für den Zeitraum von 36 Monaten oder länger seit der ersten Visite betrug 74,9 % in Kohorte 1 (95 %-Vertrauensbereich CI 67,1–81,1 %) und 77,8 % (CI 73,1–81,8 %) in Kohorte 2. Das mediane progressionsfreie Überleben betrug in Kohorte 1 19,5 Monate (CI 14,6–24,4 Monate), in Kohorte 2 13,8 Monate (CI 11,4–16,3 Monate). Ein progressionsfreies Überleben von 36 Monaten oder länger wurde bei 29,7 % in Kohorte 1 und 19,2 % in Kohorte 2 festgestellt.

Wurden Patienten mit einem MKI therapiert, so wurden in 44 % der Fälle Diarrhöen als unerwünschte Wirkungen verzeichnet, ein Hand-Fuß-Syndrom bei 41 %, ein Blutdruckanstieg bei 26 %, Fatigue bei 25 % und Haarausfall bei 20 %. Zumeist wurden die unerwünschten Wirkungen als von geringem Schweregrad eingruppiert.

Die Studie liefert somit Informationen zu dem Verlauf bei Patienten mit radiojodrefraktärem DTC („real-world study“). Die Autoren plädieren für eine Langzeitstudie, um den Effekt einer MKI-Therapie auf das OS genauer zu untersuchen.

Letzte Aktualisierung: 23.05.2023