THYROID-LIT. 50973

Active surveillance versus thyroid surgery for differentiated thyroid cancer: a systematic review.

Chou, R.; Dana, T.; Haymart, M.; Leung, A. M.; Tufano, R. P.; Sosa, J. A.; Ringel, M. D.

(The Pacific Northwest Evidence-Based Practice Center, Dept. of Medical Informatics & Clinical Epidemiology, Oregon Health & Science University, Portland, Oregon; Div. of Metabolism, Endocrinology, and Diabetes and Hematology/Oncology, University of Michigan Health System, Ann Arbor, Michigan; Div. of Endocrinology, Diabetes, and Metabolism, Dept. of Medicine, University of California Los Angeles David Geffen School of Medicine, Los Angeles, California; Div. of Endocrinology, Diabetes, and Metabolism, Dept. of Medicine, VA Greater Los Angeles Healthcare System, Los Angeles, California; Div. of Head and Neck Endocrine Surgery, Sarasota Memorial Health Care System, Sarasota, Florida; Dept. of Otolaryngology-Head and Neck Surgery, The Johns Hopkins University School of Medicine, Baltimore, Maryland; Dept. of Surgery, University of California San Francisco (UCSF), San Francisco, California; Divison of Endocrinology, Diabetes, and Metabolism and Cancer Biology Program, The Ohio State University College of Medicine and Arthur G. James Comprehensive Cancer Center, Columbus, Ohio, all USA)

Thyroid 32: 351-367 (2022)

Beim differenzierten Schilddrüsenkarzinom mit niedrigem Risiko („low-risk“) wurde in letzter Zeit eine „aktive Überwachung“ (active surveillance) vorgeschlagen, basierend auf der in der Regel hervorragenden Prognose dieses Krankheitsbildes.

Die hier vorgestellte Publikation, ein systematisches Review, vergleicht dieses oben genannte Vorgehen mit einer Operation. Die Amerikanische Schilddrüsengesellschaft (ATA) beauftragte diese Übersicht, die auf einer umfangreichen Literaturrecherche basiert.

Von 721 potenziell relevanten Arbeiten verblieben 64 Artikel, die eines dualen Reviews unterzogen wurden. Davon wurden schließlich 18 Studien aus 27 Publikationen ausgewählt, die die Einschlusskriterien erfüllten. Randomisierte Studien fanden sich nicht darunter. 14 Studien gingen der von den Autoren initial formulierten
Schlüsselfrage 1 nach: aktive Überwachung vs. unmittelbare Operation, vier Studien beschäftigten sich mit der
Schlüsselfrage 2: keine Operation vs. Operation.

Schlüsselfrage 1: Eingeschlossen wurden hier Patienten mit einem Tumordurchmesser zwischen 1 cm Durchmesser und 2 cm Durchmesser. Es handelte sich stets um papilläre Karzinome mit niedrigem Risiko. Insgesamt sieben Studien (davon fünf Kohortenstudien mit 5.432 Patienten und zwei Querschnittstudie mit 538 Patienten) sowie sieben Studien, die keine kontrollierten Studien waren (n = 1.219 Patienten), wurden eingeschlossen. Unter den Patienten mit aktiver Überwachung be­fanden sich 2.026 Patienten, bei denen eine Größenzunahme des Tumors um ≥ 3 mm verzeichnet wurde. Dies machte zwischen 1,4 und 7,5 % der Patienten aus. Der Anteil der Patienten, die anschließend operiert wurden, belief sich auf 2,6 bis 32 %. Hauptgrund für die Operation war dann der Patientenwunsch. Drei Studien verglichen die lokale Rezidivrate bei Patienten, die überwacht wurden, mit Patienten, die operiert wurden. Hier gab es zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede. Auch die Rate der Entwicklung von Lymphknotenmetastasen unterschied sich nicht zwischen beiden Gruppen. Fernmetastasen wurden in vier von fünf Studien, die dies untersuchten, bei Patienten mit aktiver Überwachung nicht beschrieben. In der fünften Studie wurde eine Fernmetastase bei einem operierten Patienten beschrieben. In den sieben nicht kontrollierten Studien wurde bei Patienten, die nicht operiert wurden, kein Todesfall beschrieben.

Bezogen auf die Schlüsselfrage 2 wurde Daten von 88.654 Patienten in vier Kohortenstudien bewertet. Auch hier handelte es sich fast ausschließlich um papilläre Karzinome. Hier wurde zwar ein Vorteil der Operation bezüglich der Mortalität, auch an einem Schilddrüsenkarzinom, berichtet. Die Autoren kommen jedoch zu dem Schluss, dass in diesem Fall weitere Einfluss­größen, wie z. B. das Patientenalter, eine Rolle spielen.

Insgesamt folgern die Autoren in dieser sehr akribischen Übersicht, dass aktives Zuwarten und eine unmittelbare Operation vergleichbar sind, berücksichtigt man die Mortalität, das Rezidivrisiko und andere Faktoren. Wohlgemerkt, dies betrifft Patienten mit einem kleinen, differenzierten Schilddrüsenkarzinom mit niedrigem Risiko (in der Regel einem papillären Karzinom).

Letzte Aktualisierung: 20.07.2022