LITERATUR

THYROID-LIT-50838

Do Lower-Risk Thyroid Cancer Patients Who Live in Regions with More Aggressive Treatments Have Better Outcomes?

Hall, S.F.; Irish, J; Groome, P.; GrifIths, R.; Hurlbut, D.

(Dept. of Otolaryngology/Head and Neck Surgery, Cancer Care and Epidemiology; Cancer Care and Epidemiology, Dept. of Public Health Sciences; Cancer Care and Epidemiology; Dept. of Pathology and Laboratory Sciences; Queen’s University, Kingston; Dept. of Otolaryngology/Head and Neck Surgery/Surgical Oncology, Princess Margaret Cancer Center, University of Toronto, Toronto, all Canada)

Thyroid, 27: 1246-1257 (2017)

Weltweit steigt die Inzidenz des differenzierten Schilddrüsenkarzinoms, was überwiegend auf die vermehrte Diagnose papillärer Mikrokarzinome zurückzuführen ist. Die Prognose der differenzierten Schilddrüsenkarziome gilt als ausgezeichnet, die Standardtherapie umfasst die Operation (totale Thyreoidektomie oder Hemithyreoidektomie) und ggf. eine adjuvante Radiojodtherapie. Dieser Ansatz wurde in den letzten Jahren gerade bei Patienten aus der Niedrig-Risiko-Gruppe zunehmend infrage gestellt zugunsten einen weniger aggressiven Behandlungsstrategie. In der hier vorgestellten populationsbasierten und retrospektiv angelegten Kohortenstudie aus Kanada wurde untersucht, ob unterschiedliche Behandlungsregime einen Einfluss auf die Prognose haben. Insgesamt 2444 Patienten mit einem zwischen 1990 und 2001 neu diagnostizierten differen­zierten Schilddrüsenkarzinom < 4 cm wurden in die Studie aufgenommen. Die Patienten stammten aus acht ver­schiedenen Regionen der Provinz Ontario und wurden mit Hilfe des dort geführten Krebsregisters identifiziert. Krank­heits­stadium bei Erstdiagnose, pathologischer Befund und medizinischer Verlauf wurden den jeweiligen Krankenakten entnommen und aus­gewertet. Die betreffenden Regionen unterschieden sich besonders im Hinblick auf die chirurgische Radikalität des Ersteingriffes (Rate der totalen Thyreoidektomien zwischen 44 und 67 %). Die acht Regionen wurden deshalb auf dieser Basis in 2 Behandlungsgruppen eingeteilt, wobei ein Cutoff von 60 % (Rate der totalen Thyreoidektomien) gewählt wurde. In Gruppe A lag die Rate der initialen Thyreoidektomien bei 69,3 % gegenüber 52,1 % in Gruppe B. Eine totale Thyreoidektomie mit anschließender Radiojodtherapie erhielten 63,8 % der Patienten in der Gruppe A, aber nur 39,6 % in Gruppe B. Die 15-Jahresüberlebensrate bezogen auf die Gesamtzahl der Patienten lag bei 90 %, die krankheitsspezifische 15-Jahres-Über­lebens­­rate sogar bei 97 %. Zwischen den Gruppen A und B wurde kein signifikanter Unterschied im Krankheitsverlauf gefunden (Überlebensrate, krankheitsspezifische Überlebensrate, krankheitsfreies Überleben). Die Studie zeigt sehr ein­drucks­voll, dass zumindest bei den Niedrigrisiko-Patienten mit differenziertem Schilddrüsenkarzinom (hier: Tumor­durch­messer < 4 cm) bzgl. des Outcomes kein Unterschied zwischen radikaler und mehr konservativer Therapie­strategie besteht. Eine zurückhaltendere Herangehensweise erscheint deshalb in diesen Fällen gerechtfertigt.

Letzte Aktualisierung: 20.03.2018