THYROID-LIT. 51009

Real-life data on the effect of medical therapy for amiodarone-induced thyrotoxicosis on CV events and hospitalizations

Cappellani, D.; Marconcini, G.; Manetti, L.; Bartalena, L.; Bogazzi, F.

(Unit of Endocrinology, Dept. of Clinical and Experimental Medicine, University of Pisa, Pisa, Italy; Dept. of Medicine and Surgery, University of Insubria, Varese, Italy)

J Clin Endocrinol Metab, 108: 1298-1307 (2023)

Seit Langem ist bekannt, dass eine Amiodaron-Therapie zu einer Beeinflussung der Schilddrüsenstoffwechsellage führen kann. Dies kommt bei 15 bis 20 % der mit diesem jodhaltigen Antiarrhythmikum behandelten Personen vor. Nicht selten kommt es zu einer durch Amiodaron verursachten Hyperthyreose, was zu einer erhöhten Morbidität und Mortalität bei diesen kardial kranken Patient*innen führt.

Man unterscheidet den Typ 1 – eine durch Amiodaron verursachte Hyperthyreose bei Vorliegen einer Schilddrüsenautonomie – vom Typ 2, eine Thyreoiditis mit Follikeldestruktion.

Diese beiden Formen erfordern unterschiedliche therapeutische Ansätze: Thionamide in höherer Dosis von ≥ 40 mg/Tag oder Propylthiouracil in einer Dosis von ≥ 150 mg/Tag beim Typ 1, Glukokortikoide in einer Dosis von ≥ 30 mg Prednisolonäquivalent beim Typ 2. Dies wird von den Autor*innen als optimale medikamentöse Therapie (OMT) bezeichnet. Auch eine Kombination beider Pharmaka in entsprechender Dosis wurde vorgeschlagen (right-dose combination therapy, RCT).

Eingeschlossen wurden 313 Patient*innen, zumeist Männer (78,9 %). Das mittlere Alter betrug 64 Jahre (Median, Interquartilbereich IQR 56–73 Jahre). Eine Amiodaron-induzierte Hyperthyreose Typ 2 war häufiger als der Typ 1: 77,3 % vs. 18,9 %. Die restlichen Patient*innen konnten nicht genau zugeordnet werden. Das Design ist in der Abbildung zusammengefasst (AIT = amiodarone-induced thyrotoxicosis; referral = Überweisung). Primärziele waren das Auftreten kardiovaskulärer Ereignisse und das Erfordernis einer Krankenhausaufnahme.

Eine OMT oder RCT erhielten nur 34,5 % der Patient*innen (n = 108), aber 65,6 % eine inappropriate Behandlung, davon 31;9 % keinerlei Therapie, 24,3 % die dem AIT-Typ nicht angepasste Therapie. Zum Zeitpunkt der Überweisung in die Klinik der Autor*innen waren bei den Patient*innen, die eine adäquate Therapie erhielten, signifikant niedrigere Werte für fT3 und fT4 zu dokumentieren, verglichen mit den Patient*innen, die eine inadäquate Therapie erhalten hatten. Für fT3 lag der Wert bei 6,1 pg/ml (Bereich 4,5–7,6 pg/ml) vs. 7,6 (5,5–12,4; p = 0,003), für fT4 bei 24,4 pg/ml (17,1–39,6) vs. 35,1 (24,2–50,4; p = 0,0006). Auch die Zeit einer nicht eingeleiteten Therapie und die Dauer der hyperthyreoten Stoffwechsellage unterschieden sich signifikant zwischen den beiden Gruppen (adäquate Therapie vgl. mit einer inadäquaten Therapie p jeweils < 0,001).

Bei 73 Patient*innen wurden kardiovaskuläre Ereignisse dokumentiert (23,3 %). Davon waren fünf Patient*innen betroffen, die adäquat behandelt wurden, aber 68 Patient*innen, bei denen dies nicht der Fall war. Auch die Hospitalisationsrate unterschied sich zwischen beiden Gruppen erheblich: sieben vs. 51 Patient*innen (p jeweils < 0,0001). Auch war bei Patient*innen, die stationär aufgenommen werden mussten, die Latenz bis zum Beginn einer Therapie, also die unbehandelte Zeit, mit 62 Tagen (IQR 32,8–120) signifikant länger als bei Patient*innen mit adäquater Therapie (27 Tage, IQR 6–67 Tage; p < 0,001). Bei 22 Patient*innen (7 Prozent der Gesamtgruppe) wurde eine totale Thyreoidektomie durchgeführt.

Die Studie belegt somit eindrucksvoll, dass bei Patient*innen mit einer durch Amiodaron verursachten Schilddrüsenüberfunktion eine zeitnahe, adäquate Therapie erforderlich ist. So lassen sich kardiovaskuläre Ereignisse und das Erfordernis einer stationären Behandlung günstig beeinflussen.

Letzte Aktualisierung: 05.12.2023