THYROID-LIT. 50980
Levothyroxine in euthyroid peroxidase antibody positive women with recurrent pregnancy loss (T4LIFE trial): a multicentre, randomised, double-blind, placebocontrolled, phase 3 trial.
Van Dijk, M.M.; Vissenberg, R.; Fliers, E.; van der Post, J.A.M.; van der Hoorn, M.L.P.; de Weerd, S.; Kuchenbecker, W.K.; Hoek, A.; Sikkema, J.M.; Verhoeve, H.R.; Broeze, K.A.; de Koning, C.H.; Verpoest, W.; Christiansen, O.B.; Koks, C.; de Bruin, J.P.; Papatsonis, D.N.M.; Torrance, H.; van Wely, M.; Bisschop, P.H.; Goddijn, M.
(18 verschiedene Einrichtungen in den Niederlanden, Dänemark und Belgien)
The Lancet/Diabetes – Endocrinology, 10: 322-329 (2022)
Frauen mit erhöhten Antikörpern gegen die Schilddrüsenperoxidase (TPO-Antikörper) haben ein erhöhtes Abortrisiko. Unklar ist, ob eine Medikation mit Levothyroxin (L-T4) einen günstigen Einfluss auf den Schwangerschaftsverlauf ausübt und aus einer solchen Medikation ein geringeres Abortrisiko resultiert. Dieser Frage ging die hier vorgestellte multizentrische, randomisierte, doppelblinde und placebokontrollierte Untersuchung nach.
Eingeschlossen wurden 187 Frauen, bei denen in der Anamnese mindestens zwei Aborte aufgetreten waren und bei denen TPO-Antikörper erhöht gemessen wurden. TSH lag bei allen Frauen innerhalb des Normbereichs. Ausgeschlossen wurden Frauen mit weiteren Autoimmunphänomenen. Bereits präkonzeptionell wurde eine Randomisierung vorgenommen: Die Patientinnen erhielten entweder 0,5–1,0 µg/kg Körpergewicht L-T4 (n = 94) oder ein Placebo (n = 93). Diese Medikation wurde bis zum Ende der Schwangerschaft beibehalten. Primärziel war die Geburt eines gesunden Kindes frühestens in der 24. Schwangerschaftswoche (SSW). Die beiden Gruppen unterschieden sich nicht bezüglich Faktoren wie Alter, Body-Mass-Index, Rauchgewohnheiten oder Hautfarbe. TSH betrug im Median 2,1 mU/L (Interquartilbereich IQR 1,40–3,11 mU/L) in der Verumgruppe, 2,0 mU/L (IQR 1,36–2,70 mU/L) in der Placebogruppe. Beendet wurde die Studie von 172 Frauen (92 %). Bei acht Patientinnen in der Placebogruppe wurde während der Schwangerschaft eine latente Hypothyreose beobachtet, weswegen sie ausgeschlossen wurden. In der Verumgruppe kam es bei einer Frau zu einer latenten Hypothyreose und bei drei Frauen zu einer latenten Hyperthyreose (was bei zwei dieser drei Frauen auf die Frühschwangerschaft zurückgeführt wurde).
Eine Lebendgeburt wurde bei 47/94 Frauen in der L-T4-Gruppe (50 %) und bei 45/93 Frauen (48 %) in der Placebogruppe dokumentiert (Risiko-Ratio 1,03, 95 %-Vertrauensbereich 0,77–1,38). Auch bezüglich der Sekundärziele der Studie ergaben sich keine Unterschiede zwischen den beiden Gruppen: Dies betraf z. B. ein Abort vor SSW 20, ektope Schwangerschaft, Geburt vor der 37. SSW, Überleben des Kindes bis zum 28. Lebenstag und andere. Die Zeit (Median) bis zur Konzeption der Geburt des Kindes war ebenfalls nicht zwischen beiden Gruppen unterschiedlich: 9,1 Monate (95 %-Vertrauensbereich 4,8–13,4) in der L-T4-Gruppe und 9,8 Monate (95 %-Vertrauensbereich 5,4–14,2) in der Placebogruppe.
Während der gesamten Studienphase trat bei 69/94 Frauen (73 %) in der Verumgruppe und 73/93 Frauen (78 %) in der Placebogruppe eine Schwangerschaft ein. Dabei unterschieden sich beide Gruppen auch nicht in der Art, wie die Schwangerschaft eintrat: spontan, nach Induktion einer Ovulation, per Insemination oder per In-vitro-Fertilisation.
Erwartungsgemäß war TSH in der mit L-T4 behandelten Gruppe im ersten und zweiten Trimenon niedriger als bei Frauen, die ein Placebo erhielten. In Post-hoc-Analysen wurde untersucht, ob die präkonzeptionelle TSH-Konzentration (Grenzwert 2,5 mU/L) oder eine Abortanamnese von drei oder mehr früheren Ereignissen einen Einfluss ausüben. Auch hier ergab sich kein Effekt einer L-T4-Einnahme.
Die Autoren folgern aus ihren Daten, dass eine L-T4-Einnahme bei euthyreoten Frauen mit erhöhten TPO-Antikörpern und mit der Anamnese mehrfacher Aborte keinen positiven Effekt auf die Geburtenrate eines Kindes ausübt. Daher leiten sie keine Indikation zur routinemäßigen L-T4-Verabreichung bei dieser Frauengruppe ab.
Letzte Aktualisierung: 07.11.2022