THYROID-LIT. 50960

Exceptionality of distant metastasis in node-negative hereditary and sporadic medullary thyroid carcinoma: lessons learned.

Machens, A.; Lorenz, K.; Weber, F.; Dralle, H.

(Dept. of Visceral, Vascular and Endocrine Surgery, Martin-Luther-University Halle-Wittenberg, Halle; Dept. of General, Visceral and Transplantation Surgery, Section of Endocrine Surgery, University of Duisburg-Essen, all Germany)

J Clin Endocrinol Metab, 106: e2968-e2979 (2021)

Das medulläre Schilddrüsenkarzinom (MTC) tritt in einer hereditären (ca. 25 %) und einer sporadischen (ca. 75 %) Form auf. Die hereditäre Ausprägung stellt häufig die erste Manifestation einer multiplen endokrinen Neoplasie Typ 2 dar. Für beide Formen gibt es nur wenig Literatur, die die Risikofaktoren für eine Lymphknoten- oder Fernmetastasierung untersucht. Dieser Frage gingen die Verfasser in der hier referierten Arbeit nach.

Berichtet wird über 1.115 Patienten mit einem MTC. Davon war in 307 Fällen ein sporadisches Auftreten zu verzeichnen, in 808 Fällen eine hereditäre Form. Patienten mit einer hereditären Ausprägung wurden je nach vorliegender Mutation in vier Gruppen unterteilt: der höchsten Risikokategorie (n = 41), einer hohen Risikokategorie (n = 107), einer moderaten bis hohen Risikokategorie (n = 65) und einer Gruppe mit niedrigem Risiko (n = 94). Das mittlere Alter bei Durchführung der Thyreoidektomie stieg von 12,2, über 22,7, 34,3 auf 49,8 Jahre in diesen vier genannten Gruppen an. Bei Patienten mit einem MTC der sporadischen Form betrug das Alter im Mittel 52,1 Jahre. Das Geschlecht und der Tumordurchmesser unterschieden sich in den vier Gruppen mit hereditärem MTC nicht signifikant. Bei diesen Patienten lag signifikant häufiger ein multifokales MTC vor als bei Patienten mit der sporadischen Form (55–74 % vs. 8 %; p < 0,001). Andererseits lagen bei Patienten mit sporadischem MTC häufiger Lymphknotenmetastasen vor (63 % vs. 45–59 % bei Patienten mit hereditärem MTC; p = 0.001). Dies betraf auch die Existenz von Fernmetastasen (17 % vs. 8–10 %; p < 0,001), mit Ausnahme der Gruppe mit hereditärem Tumor und dem höchsten Risiko (hier 41 %).

Der Durchmesser des Primärtumors war bei den vier Gruppen eines hereditären Tumors unterschiedlichen Risikos nicht verschieden und lag zwischen 2,7 und 6,7 mm Durchmesser bei Lymphknoten-negativen Patienten und 17,6–22,1 mm bei Lymphknoten-positiven Patienten. Hier zeigte sich also kein Einfluss der vorliegenden Mutation. Die entsprechenden Werte für sporadische MTCs betrugen 15,5 bzw. 26,2 mm. Die Größenunterschiede des Tumors in Bezug auf das Vorliegen von Lymphknoten- oder Fernmetastasen sind der Abbildung zu entnehmen.

Fernmetastasen waren bei 13 %–50 % der Lymphknoten-positiven und 0 % der Lymphknoten-negativen Tumoren bei hereditärem MTC nachweisbar. Für die sporadische Form betrugen die Zahlen 23,5 % bzw. 1,7 %.

In der multivariaten logistischen Regressionsanalyse war beim sporadischen MTC das Vorliegen von Lymphknotenmetastasen deutlich mit dem Auftreten von Fernmetastasen assoziiert (Odds-Ratio (OR) = 12,4). Diese Kenngröße hatte einen stärkeren Effekt als der Durchmesser des Primärtumors: bei > 60 mm OR = 7,8, bei 42–60 mm OR = 5,5, bei 21–40 mm OR = 2,4. Das Alter bei der Thyreoidektomie war kein unabhängiger Risikofaktor für das Auftreten von Lymphknotenmetastasen und Fernmetastasen.

Die Autoren folgern: Wird eine Thyreoidektomie durchgeführt, bevor es zum Auftreten von Lymphknotenmetastasen kommt, so ist die Entwicklung von Fernmetastasen eine Ausnahme. Dies gilt für die hereditäre wie für die sporadische Form des MTC.

Dieses Resultat hat hohe klinische Bedeutung.

Letzte Aktualisierung: 15.02.2022