THYROID-LIT. 50955

Knowledge, attitudes, beliefs, and treatment burden related to the use of levothyroxine in hypothyroid pregnant women in the United States.

Büttner, M.; Rimmele, H.; Bartès, B.; Singer, S.; Luster, M.

(Div. of Epidemiology and Health Services Research, Institute of Medical Biostatistics, Epidemiology, and Informatics (IMBEI), University Medical Center Mainz, Mainz; University Cancer Centre, Mainz; Bundesverband Schilddrüsenkrebs – Ohne Schilddrüse leben e.V., Berlin; Dept. of Nuclear Medicine, University Hospital Marburg, Marburg, all Germany; Vivre sans Thyroïde, Léguevin, France)

Hormones, 20: 323-332 (2021)

Für die Diagnose und Therapie von Malignomen der Schilddrüse existieren Leitlinien diverser Fachgesellschaften.

Diese decken sich jedoch nicht immer mit den Erfahrungen der Patienten, weswegen die Verfasser hier die Resultate einer Patientenbefragung vorstellen. Dabei wurde auch darauf geachtet, ob es Unterschiede zwischen den beiden größten Ländern der EU, Frankreich und Deutschland, gibt.

Unter Beteiligung der Selbsthilfeorganisationen für Patienten mit Schilddrüsenkrebs waren bereits 2010 Befragungen vorgenommen worden. Diese wurden 2016 online erneuert. Ziel war es, die Diagnose, Therapie, Nachsorge und eventuelle Defizite in beiden Ländern zu evaluieren. Bis zu 70 Fragen wurden gestellt.

Insgesamt 1.005 Patienten beteiligten sich, davon 618 (61,5 %) in Deutschland und 387 (38,5 %) in Frankreich. 38 Teilnehmer hatten auch an der ersten Befragung 2010 teilgenommen (3,8 %). Das Ausfüllen der Fragebögen dauerte 17 ± 5,5 Minuten. In Frankeich nahmen signifikant häufiger Frauen teil als in Deutschland (90,7 vs. 80,4 %; p < 0,001). Auch lag in Frankreich signifikant häufiger als in Deutschland ein papilläres Karzinom vor (81,1 vs. 70,4 %; p < 0,001). Das Lebensalter, die Zeit seit der Diagnosestellung sowie der familiäre Hintergrund unterschieden sich nicht zwischen beiden Ländern. In Deutschland bestand seltener ein Anhalt für Krankheitsaktivität als in Frankreich (25,4 vs. 30,0 %; p = 0,003).

Zwischen Deutschland und Frankreich bestanden keine Unterschiede, warum ein Kontakt zum Arzt hergestellt wurde. Am häufigsten wurden ein Knoten, ein Zufallsbefund, eine Bildgebung aus anderer Indikation oder eine Schluckstörung angegeben. In Deutschland wurde deutlich häufiger als in Frankreich ein Nuklearmediziner zurate gezogen, in Frankreich ein Endokrinologe. Die Wartezeit war in Frankreich signifikant länger als in Deutschland (p < 0,001). In beiden Ländern wurden zunächst in der Regel eine Palpation und Sonographie durchgeführt. Deutlich häufiger als in Deutschland wurde in Frankreich eine Feinnadelaspirationszytologie gewonnen (65,5 vs. 36,7 %), während in Deutschland häufiger eine Szintigraphie erfolgte (40,6 vs. 19,9 %). Bis zur Kommunikation der Diagnose verging eine Zeit von zwei Wochen oder mehr bei 12,2 % der Patienten in Deutschland vs. 45,5 % in Frankreich. Nur selten wurde auf die Existenz von Selbsthilfegruppen hingewiesen (17,3 % in Deutschland, 7,0 % in Frankreich).

In Deutschland wurde mit 54,0 % der Patienten signifikant mehr als in Frankreich (33,8 %) häufiger als einmal operiert (p < 0,001). Vornehmlich operierten in Deutschland Allgemeinchirurgen und endokrine Chirurgen, in Frankreich Hals- und Kopfchirurgen und endokrine Chirurgen.

Erstaunlich häufig wurde über eine postoperative Hypokalzämie (Deutschland 43,5 %, Frankreich 36,7 %), über ein Problem mit der Stimme (42,7 bzw. 28,7 %) oder über eingeschränkte lokale Beweglichkeit (42,7 bzw. 28,7 %) berichtet. Auch ein Jahr nach der Operation waren Komplikationen in Deutschland signifikant häufiger als in Frankreich: Hypokalzämie (19,4 vs. 11,3 %; p = 0,003), Bewegungseinschränkung (18,4 vs. 9,0 %; p < 0,001), ein Taubheitsgefühl (12,2 vs. 4,5 %; p < 0,001) sowie eine Stimmbandlähmung (8,4 vs. 3,5 %; p = 0,010). In Deutschland wurde häufiger als in Frankreich eine Radiojodtherapie vor­genommen: Aus therapeutischer Indikation erhielten 7,6 % der Patienten mit einem differenzierten Karzinom in Deutschland keine Radiojodtherapie, verglichen mit 19,8 % in Frankreich. Auch in der Nachsorge unterschieden sich beide Länder: In Deutschland lag dies vornehmlich in den Händen eines Nuklearmediziners (53,6 %), in Frankreich eines Endokrinologen (63,3 %). Dies geschah in Frankreich signifikant häufiger in einer ambulanten Praxis als in einer Klinik: 52,.4 vs. 40,9 % (p = 0,001).

Am häufigsten wurden in beiden Ländern folgende Belastungen genannt: Erhalt der Krebsdiagnose, Angst/Unsicherheit vor der Zukunft, ein negativer Effekt auf die Lebensführung sowie ein Fehlen psychologischer oder emotionaler Unterstützung. Gerade der letztgenannte Punkt wurde als zentraler Punkt einer Verbesserung genannt, aber auch Information über Selbsthilfegruppen sowie weitere Wünsche nach Informationen.

Die Informationen geben wichtige Hinweise aus Sicht der Betroffenen, die gerade für Behandler essenzielle Punkte ansprechen. Zudem zeigt die Befragung – trotz einschlägiger Leitlinien – unterschiedliche Erfahrungen in beiden Ländern.

Letzte Aktualisierung: 05.10.2021