LITERATUR

THYROID-LIT. 50937

Early diagnosis of medullary thyroid cancer: Are calcitonin stimulation tests still indicated in the era of highly sensitive calcitonin immunoassays?

Niederle, M.B.; Scheuba, C.; Riss, P.; Selberherr, A.; Koperek, O.; Niederle, B.

(Div. of General Surgery, Dept. of Surgery; Dept. of General Anesthesia, General Intensive Care and Pain Management; Clinical Institute of Pathology, Medical University of Vienna, Vienna, Austria)

Thyroid, 30: 974-984 (2020)

Bei der diagnostischen Aufarbeitung von Schilddrüsenknoten wird zur Früherkennung des medullären Schilddrüsenkarzinoms (MTC) u. a. die Bestimmung von Calcitonin empfohlen.

Durch neue hochsensitive Calcitonin-Assays hat sich die Labordiagnostik in den letzten Jahren deutlich verbessert.

In der hier publizierten Studie aus Wien wird untersucht, ob die Calcitoninbestimmung nach Stimulation mit Kalzium der alleinigen, basalen Calcitoninbestimmung bei der MTC-Identifizierung überlegen ist.

Bei 149 konsekutiven Patienten mit Schilddrüsenknoten und erhöhten basalen Calcitoninspiegeln wurde ein Kalzium-Stimulationstest durchgeführt. Unabhängig vom Testergebnis wurden alle Patienten nach einem einheitlichen Protokoll operiert (Thyreoidektomie und beidseitige systematische Lymphknotendissektion im medialen und lateralen Kompartiment). Bei insgesamt 76 Patienten (50,1 %) wurde histologisch ein MTC nachgewiesen, in 21 Fällen (27,6 %) mit regionären Lypmphknoten­metastasen und in 4 Fällen (5,3 %) mit Fernmetastasen.

Als Cutoff-Spiegel wurden 43 pg/ml für das basale Calcitonin und 1.500 pg/ml für das stimulierte Calcitonin bei Männern bzw. 23 pg/ml und 780 pg/ml bei Frauen festgelegt. Bei Calcitoninkonzentrationen oberhalb der genannten Cutoff-Werte hatten alle Patienten ein MTC, unterhalb der Grenzwerte gab es eine signifikante Überlappung zischen C-Zell-Hyperplasie (CCH) und MTC. Die Patienten mit Calcitoninwerten im Graubereich und einem MTC wiesen durchweg pT1a-Tumoren auf (19/58 Männern: 37,5 %; 7/41 Frauen: 17,1 %).

Nach statistischer Auswertung erwies sich die basale Calcitoninkonzentration gegenüber der stimulierten Konzentration als überlegen, sowohl bei den Männern (Area under the Curve/AUC: 0,894 für bCT und 0,849 für sCT) als auch bei den Frauen (AUC: 0,935 für bCT und 0,868 für sCT). Auch das Vorhandensein von Lypmphknotenmetastasen im lateralen Kompartiment wurde durch den basalen Calcitoninwert besser abgebildet als durch den stimulierten Wert (AUC: 0,925 für bCT und 0,810 für sCT bei Männern; 0,797 für bCT und 0,674 für sCT bei Frauen).

Durch Kombination beider Testes konnte keine Verbesserung der diagnostischen Genauigkeit erzielt werden. Die Sensitivität für die Vorhersage von Lympknotenmetastasen im lateralen Kompartiment lag bei 100 %, wenn beim basalen Calcitonin ein Cutoff von 100 pg/ml (Männer) bzw. 85 pg/ml (Frauen) gewählt wurde. Unterhalb dieser Spiegel fand sich auch bei keinem Patienten während der Verlaufsbeobachtung (medianer Follow-up: 46 Monate ± 27) eine persistierende Erkrankung oder ein Tumorrezidiv.

Die Daten zeigen, dass die basale Calcitoninbestimmung mit den genannten Grenzwerten hilfreich sein kann bei der Frühdiagnose des MTC bzw. bei der Vorhersage lateraler Lymphknotenmetastasen und damit bei der Planung der Operationsradikalität. Die Aussagekraft wird durch einen Stimulationstest nicht verbessert.

Letzte Aktualisierung: 04.06.2021