LITERATUR
THYROID-LIT. 50910
A 2018 European Thyroid Association survey on the use of selenium supplementation in Hashimoto’s thyroiditis.
Winther, K.H.; Papini, E.; Attanasio, R.; Negro, R.; Laszlo Hegedüs
(Dept. of Endocrinology and Metabolism, Odense University Hospital, Odense, Denmark; Dept. of Endocrinology and Metabolism, Ospedale Regina Apostolorum, Rome, Italy; Endocrine Unit, IRCCS Galeazzi Institute, Milan, Italy; Div. of Endocrinology, V. Fazzi Hospital, Lecce, Italy)
Eur Thyroid J, 9: 99-105 (2020)
Ziel der vorliegenden Erhebung war ein Überblick zum Einsatz von Selen-Supplementen im klinischen Alltag bei Patienten mit einer Hashimoto-Thyreoiditis.
Hierzu erfolgte eine Onlinebefragung unter Mitgliedern der European Thyroid Association (ETA). Insgesamt 872 ETA-Mitglieder wurden eingeladen, an der Befragung teilzunehmen. Dabei musste ein Fragebogen mit 56 Fragen ausgefüllt werden.
242 der angeschriebenen Mitglieder (entsprechend 28 %) folgten der Aufforderung und beantworteten den kompletten Fragensatz. Die Antworten von Grundlagenforschern und nicht europäischen Mitgliedern wurden ausgeschlossen. Von den verwertbaren 212 Datensätzen wurden 65 Personen (31 %) abgezogen, die angegeben hatten, niemals Selen-Supplemente einzusetzen, bzw. dies nur im Rahmen von klinischen Studien für gerechtfertigt hielten.
Die finale Analyse beruhte schließlich auf den Daten von 147 Teilnehmern. Nur eine Minderheit von 20 % war der Auffassung, dass der Einsatz von Selen bei der Hashimoto-Thyreoiditis durch die verfügbare Evidenz gestützt wird. Allerdings gab eine Mehrheit von 41 % an, Selen gelegentlich oder sogar routinemäßig in ihrer klinischen Tätigkeit zu empfehlen. Dabei wurde vor allem dann zu Selen-Supplementen geraten, wenn eine noch nicht substitutionsbedürftige Hashimoto-Thyreoiditis vorlag (69 % der Teilnehmer), mit dem Ziel, die Antikörpertiter dadurch zu senken. Wenige Personen gaben an, Selen routinemäßig bei Schwangeren mit Hashimoto-Thyreoiditis einzusetzen.
Die Umfrage zeigt die paradoxe Situation: Es war zwar den meisten Teilnehmern klar, dass die wissenschaftliche Evidenz für die Gabe von Selen bei Patienten mit Hashimoto-Thyreoiditis mehr als dünn ist, Selen aber trotzdem von einer Mehrheit zumindest gelegentlich bei diesen Patienten empfohlen wird.
Das Umfrageergebnis steht im Widerspruch zu den aktuellen Leitlinien der ETA. Wie sinnvoll eine Selen-Supplementierung in dem genannten Setting ist, muss letztlich durch qualitativ hochwertige Studien geklärt werden.
Letzte Aktualisierung: 22.07.2020