LITERATUR
THYROID-LIT. 50906
Liothyronine and desiccated thyroid extract in the treatment of hypothyroidism.
Idrees, T.; Palmer, S.; Maciel, R.M.B.; Bianco, A.C.
(Section of Adult and Pediatric Endocrinology, Diabetes and Metabolism, University of Chicago, Chicago, Illinois, USA; Dept. of Medicine, Rush University Medical Center, Chicago, Illinois, USA; Div. of Endocrinology, Universidade Federal de Sao Paulo, Sao Paulo, Brazil)
Thyroid, doi: 10.1089/thy.2020.0153. (2020)
Die Substitution mit Levothyroxin (LT4) stellt die Maßnahme der Wahl zur Therapie von Patienten mit Hypothyreose dar. Durch Dejodierung entsteht in den Geweben das aktive Trijodthyronin (T3).
Es gibt in der Literatur jedoch Anhaltspunkte dafür, dass durch alleinige LT4-Medikation die T3-Signale und die T3-Homöostase nicht vollständig hergestellt wird. Andererseits gibt es in der Literatur vielfache Hinweise, dass eine Kombinationstherapie aus LT3 und LT4 einer Monotherapie mit LT4 nicht überlegen ist. Dies war Anlass für die hier vorgestellte Übersicht.
Verschiedene wissenschaftliche Fachgesellschaften – auch die europäische Schilddrüsengesellschaft ETA – äußern, dass ein Versuch einer Kombinationstherapie aus LT3 und LT4 bei manchen Patienten unternommen werden kann.
Ferner werden Behandler immer wieder mit der Frage konfrontiert, ob eine Therapie mit getrocknetem Schilddrüsenextrakt (desiccated thyroid extract, DTE) eine Option darstellen könnte. Immerhin wird DTE in den USA ca 5.5 Millionen Mal/Jahr verordnet. DTE wird aus Schweineschilddrüsen gewonnen und enthält T4 und T3 im Verhältnis von ca. 4 : 1.
Einzelne Studien gingen den Effekten einer Einnahme von LT3 nach: Patienten beklagten Schweißausbrüche und Palpitationen, allerdings dosisabhängig und vornehmlich bei hohen Dosen von LT3 (auch von DTE). Kommt es zu einer TSH-Verminderung oder TSH–Suppression, so resultiert ein erhöhtes Risiko von Vorhofflimmern oder Osteoporose. Kann diese TSH-Verminderung vermieden werden und fT3 liegt im Normbereich, so besteht nach einer in diesem Jahr publizierten Studie eher ein Zusammenhang zwischen Vorhofflimmern und einem auch im Normbereich liegenden relativ hohen fT4-Wert. Eine weitere Studie zeigt, dass ein genetischer Polymorphismus der Typ-1-Dejodinase für einen Anstieg des Verhältnisses von fT3 und fT4 und damit eine erhöhte Rate von Vorhofflimmern verantwortlich ist. Insgesamt sehen die Verfasser keinen Grund für eine LT3-Monotherapie. Dieses wird von den Fachgesellschaften auch nicht empfohlen.
Hingegen kann in bestimmten Fällen eine Kombination aus LT3 und LT4 versucht werden. Bei adäquater Dosierung sind keine negativen Effekte auf das kardiovaskuläre System oder den Knochen zu erwarten. Hierzu sind die Meinungen der Fachgesellschaften unterschiedlich: Während z. B. die Lateinamerikanische Schilddrüsengesellschaft die Kombinationstherapie nicht befürwortet, halten die Amerikanische Schilddrüsengesellschaft ATA und die ETA dies in Einzelfällen für möglich, wenn der Patient unter einer Monotherapie mit LT4 weiter Symptome aufweist.
Historisch betrachtet, wurde DTE in einer Dosis von 100 bis 200 mg täglich rezeptiert, was von vielen Patienten nicht gut vertragen wurde. Derzeit enthält eine Tablette 38 Mikrogramm T4 und 9 Mikrogramm T3, mit einer möglichen Abweichung um ±10 %. Diese Therapie führt zu erhöhten T3-Spiegeln im Blut – mit Spitzenwerten ca. 3 Stunden nach der Einnahme –, was gerade bei älteren Patienten vermieden werden sollte. Insgesamt wird die Gabe von DTE von allen Fachgesellschaften abgelehnt. Vielmehr wird vor der Einnahme insbesondere bei älteren Patienten gewarnt.
Zusammenfassend stellen die Verfasser klar, dass die Therapie der Hypothyreose zunächst mit LT4 alleine erfolgen soll. In manchen Fällen kann ein Versuch mit der Kombination aus LT4 und LT3 unternommen werden. Für DTE wird keine Indikation gesehen.
Letzte Aktualisierung: 22.07.2020