LITERATUR

THYROID-LIT-50886

Association of radioactive iodine treatment with cancer mortality in patients with hyperthyroidism.

Kitahara, C.M.; Berrington de Gonzalez, A.; Bouville, A.; Brill, A.B.; Doody, M.M.; Melo, D.R.; Simon, S.L.; Sosa, J.A.; Tulchinsky, M; Villoing, D.; Preston, D.L.

(Diverse Institutionen aus den Vereinigten Staaten. Korrespondenzanschrift beim Radiation Epidemiology Branch, Div. of Cancer Epidemiology and Genetics, National Cancer Institute, National Institute of Health, Bethesda, Maryland, USA)

JAMA Intern Med, 179: 1034-1042 (2019)

Eines der weit verbreiteten Standardverfahren zur Therapie einer Hyperthyreose seit vielen Jahrzehnten stellt die Radiojodtherapie (RJTh) dar. In den USA ist sie die Erstlinientherapie zur Behandlung einer Hyperthyreose. Somit kann auf einen großen Erfahrungsschatz verwiesen werden. Immer wieder diskutiert wird das Risiko einer malignen Erkrankung im Zusammenhang mit dieser Therapie. Dies war die Basis für die hier vorgestellte, am amerikanischen NIH angesiedelte Kohortenuntersuchung, die der Frage nachging, ob höhere absorbierte Dosen im Rahmen einer RJTh Einfluss auf die Karzinommortalität besitzen. Hierzu fand, beginnend 1946, während der Jahre bis 1990 eine große Kohortenuntersuchung in Großbritannien und den USA statt, die in dieser Studie erweitert wurde, mit einer Beobachtungszeit von 24 Jahren (maximal 68 Jahre).

Berichtet wird über 18 805 Patienten (mittleres Alter 49 ± 14 Jahre), die eine RJTh erhielten und bei denen zu diesem Zeitpunkt kein Karzinom bekannt war. Das weibliche Geschlecht dominierte: 14 671 Frauen vs. 4134 Männer (78 vs. 22 %). Berechnet wurde das Exzess-relative Risiko (excess relative risk, ERR) pro 100 mGy-Dosis, bezogen auf das Organ / auf das Gewebe. Die mittlere applizierte 131Jod-Dosis errechnete sich mit 375 MBq für Patienten mit M. Basedow und 635 MBq für Patienten mit Hyperthyreose auf dem Boden einer Autonomie. Die mittleren Organ-/Gewebe-Dosierungen reichten von 20 bis 99 mGy (Kolon, Rektum, Ovarien, Uterus, Prostata, Harnblase, Gehirn/ZNS), von 100 bis 400 mGy (Pankreas, Leber, Nieren, Magen, Mamma, Lunge, orale Mukosa, Knochenmark) bis 1.6 Gy (Ösophagus) und 130 Gy (Schilddrüse). Die weit überwiegende Zahl der Patienten litt an einem M. Basedow (n = 17 615, 93.7 %).

Ein statistisch positiver Einfluss der RJTh wurde zunächst für die Gesamtmortalität solider Tumoren verzeichnet (n = 1984; relatives Risiko (RR) bei einer Organdosis von 100 mGy für ein Magenkarzinom 1.06; 95 % Vertrauensbereich 1.02 – 1.10, p = 0.002). Ebenfalls eine positive statistische Beziehung bestand zum Mamma-Karzinom (n = 291; RR bei einer Dosis von 100 Gy auf die Mamma 1.12, 95 % Vertrauensbereich 1.003 – 1.32, p = 0.04). Aber auch für die kombinierte Betrachtung solider Tumoren ergab sich ein Effekt der RJTh: bei einer Organdosis auf den Magen von 100 mGy betrug das Risiko eines soliden Tumors 1.05 (n = 1693, 95 % Vertrauensbereich 1.01 – 1.10; p = 0.01). Diese Organdosis auf Magen und Mamma entspricht einer mittleren applizierten Aktivität von 243 ± 35 MBq bzw. 266 ± 58 MBq zur Therapie einer Hyperthyreose M. Basedow.

Die Verfasser folgern aus ihren Daten, die über einen Zeitraum von Jahrzehnten erhoben wurden, dass bei Patienten, die wegen eines M. Basedow eine RJTh erhielten, eine geringe Erhöhung des Risikos, an einem soliden Karzinom (z.B. Mamma-Karzinom) zu versterben, anzunehmen ist. Das Risiko korreliert mit der absorbierten Dosis einer Radioaktivität.

Dies im Bewusstsein, hält der Referent die RJTh gleichwohl für eine leitliniengerechte Therapie zur Behandlung einer Hyperthyreose. Die hier vorgestellten Untersuchungen sind bei Auswahl der Therapieform (Op vs RJTh) gleichwohl zu berücksichtigen (z.B. Alter des Patienten; Anmerkung des Referenten).

Letzte Aktualisierung: 10.01.2020