LITERATUR

THYROID-LIT-50878

Thyroid ultrasound and the increase in diagnosis of low-risk thyroid cancer.

Haymart, M.R.; Banerjee, M.; Reyes-Gastelum, D.; Caoili, E.; Norton, E.C.

(Div. of Metabolism, Endocrinology and Diabetes; Institute for Healthcare Policy and Innovation; Dept. of Biostatistics, School of Public Health; Dept. of Radiology; Dept. of Health; Management and Policy, School of Public Health; and Dept, of Economics, University of Michigan, Ann Arbor, Michigan, USA)

J Clin Endocrinol Metab, 104: 785-792 (2019)

In den Vereinigten Statten hat sich die Inzidenz eines Schilddrüsenkarzinoms seit dem Jahr 2000 nahezu verdoppelt, insbesondere bei Personen im Alter von ≥ 65 Jahren. Gerade bei dieser Patientengruppe sehen die Autoren die Gefahr einer Übertherapie mit Folgen für die Morbidität und Mortalität der Betroffenen. Häufig handelt es sich um kleine papilläre Karzinome. Hier gingen die Verfasser der Frage nach, inwieweit die zu­neh­mende Verbreitung der Sonographie Einfluss auf Inzidenz eines Schilddrüsenkarzinoms nimmt. Die Hypothese war, dass bei häufig durchgeführter Sonographie eine höhere Karzinominzidenz besteht. 

Dabei wurde auf Versicherungsdaten („Medicare“) und auf die Daten, die die Karzinominzidenz erfassen (SEER), zurückgegriffen. Berücksichtigt wurden Personen im Alter ≥ 65 Jahren. Zunächst zeigte sich ein deutlicher Anstieg der Zahl durch­geführter Ultraschalluntersuchungen: um 20.9 % jährlich (p < 0.001). Dies zeigt die Abbildung.

Während eines Jahres hatten die meisten Versicherten keine Sonographie der Schilddrüse (89.9 %), 0.6 % erhielten eine Sonographie der Schilddrüse und bei 9.5 % erfolgten andere bildgebende Untersuchungen. Wurde ein Schilddrüsenkarzinom festgestellt, so handelte es sich zumeist um den papillären Typ (85.7 %) und eine lokal begrenzte Ausdehnung (69.9 %). Bei 35.6 % betrug der Tumordurchmesser ≤ 1 cm.

In der multivariaten Analyse war die Diagnose eines Karzinoms signifikant mit der Durchführung einer Sonographie assoziiert (p < 0.001), auch signifikant bei Vornahme von Untergruppenanalysen (z.B. papilläres Karzinom, Durchmesser ≤ 1 cm). Weitere Berechnungen zeigten, dass in den USA bei wenigstens 6594 Erwachsenen im Alter von ≥ 65 Jahren das Karzinom entdeckt wurde, weil eine Sonographie erfolgte. Dabei könnte die Anzahl der Betroffenen sogar noch höher liegen. Zudem war die Zahl der diagnostizierten Karzinome höher bei Frauen und bei Patienten mit Komorbiditäten.

Die Autoren konnten somit zeigen, dass die weite Verbreitung des Ultraschalls zu einer Zunahme der Inzidenz eines (zumeist papillären, mit niedrigem Risiko assoziierten) Karzinoms führt. Sie plädieren gegen die Durchführung einer Sonographie bei nicht gegebener Indikation und – bei Nachweis eines Knotens – für ein risikoadaptiertes Vorgehens. 

Letzte Aktualisierung: 10.01.2020