Thyroid-Lit-50761
Thyrotropin suppression increases the risk of osteoporosis without decreasing recurrence in ATA low- and intermediate-risk patients with differentiated thyroid carcinoma.
WANG, L.Y.; SMITH, A.W.; PALMER, F.L.; TUTTLE, R.M.; MAHROUS, A.; NIXON, I.J.; PATEL, S.G.; GANLY, I.; FAGIN, J.A.; BOUCAI, L.
(Dept. of Head and Neck Surgery; Dept. of Medicine, Div. of Endocrinology; Memorial Sloan Kettering Cancer Center, New York, New York, USA)
Thyroid, 25(3): 300-307 (2015)
Die TSH-suppressive Therapie mit Levothyroxin (L-T4) stellt nach wie vor das übliche therapeutische Vorgehen bei Patienten mit einem differenzierten Schilddrüsenkarzinom dar. Dahinter steckt die Überlegung, dass TSH – wie experimentelle und klinische Daten zeigen – die Proliferation von Schilddrüsenzellen, die Radiojodaufnahme und die Thyreoglobulin-Produktion stimuliert. Andererseits ist diese Therapie mit einem erhöhten Osteoporoserisiko assoziiert. Während der letzten Jahre wurde daher das Vorgehen einer TSH-suppressiven Langzeitbehandlung zur Diskussion gestellt.
Vorgestellt werden die die erhobenen Daten von 779 Patienten im Alter von 48 ± 14 Jahren (davon 569 weiblich) mit einem differenzierten Schilddrüsenkarzinom, bei denen von einem niedrigen oder mittleren Rezidivrisiko nach den Kriterien der Amerikanischen Schilddrüsengesellschaft (ATA) auszugehen war. Bei allen Patienten war zwischen 2000 und 2006 eine totale Thyreoidektomie vorgenommen worden. Patienten mit vorbekannter absoluter Arrhythmie oder einer Osteoporose wurden ausgeschlossen. Die Patienten wurden nach klinischer Entscheidung in zwei Gruppen unterteilt: eine Gruppe mit unter L-T4 supprimiertem TSH (≤ 0.4 mU/L) und eine Gruppe mit nicht supprimiertem TSH (> 0.4 mU/L). Die Beobachtungszeit beläuft sich auf im Median 6,5 Jahre. Die Gruppe von Patienten, die eine TSH-suppressive Therapie erhielten, war signifikant jünger und hatte signifikant häufiger ein Karzinom mit > 1 cm Durchmesser. Sie gehörten ferner häufiger zur Gruppe mit mittlerem Rezidivrisiko (p < jeweils 0.01 zur zweiten Gruppe). Bei 43 Patienten (5.6 %) kam es zu einem Tumorrezidiv. Dabei unterschieden sich beide Gruppen nicht (HR 1.02; 95 %-Vertrauensbereich 0.54 – 1.91; p = 0.956). Auch in der multivariaten Analyse konnte kein Effekt einer TSH-Suppression nachgewiesen werden. Signifikante Einflüsse ergaben sich hier nur für das männliche Geschlecht (p = 0.038) und für das mittlere Rezidivrisiko nach ATA-Kriterien (p = 0.001).
Es konnte gezeigt werden, dass die TSH-suppressive Therapie mit einer erhöhten Nebenwirkungsrate verknüpft war, sich die Rezidivrate in beiden Gruppen aber nicht signifikant unterschied. Jedoch war dies nur für die Osteoporose nachweisbar (hier wurden nur Frauen eingeschlossen), nicht für ein neu aufgetretenes Vorhofflimmern (Abb. 1). Das Osteoporoserisiko war um das 3.5fache höher bei Frauen, die TSH-suppressiv behandelt wurden (HR 3.5; 95 %-Vertrauensbereich 1.2 – 10.2; p = 0.023). In der multivariaten Analyse zeigte sich ein noch höheres Risiko bei einer TSH-suppressiven Therapie, wenn das Lebensalter berücksichtigt wurde.
Wägt man das Osteoporoserisiko und das Rezidivrisiko gegeneinander ab, so schlagen die Autoren als optimalen TSH-Zielwert 0.9 und 1.0 mU/L vor (siehe Abb. 2)
Somit lässt sich zusammenfassen, dass eine TSH-suppressive Therapie mit L-T4 mit einem erhöhten Nebenwirkungsrisiko assoziiert ist, jedoch nicht mit einem Rückgang der Rezidivrate. Wünschenswert wäre zu dieser Frage eine prospektive, randomisierte Studie; die hier vorgestellten Daten wurden retrospektiv und nicht-randomisiert erhoben. Zudem plädieren die Verfasser für eine großzügige Vitamin D- und Kalziumsubstitution bei TSH-suppressiver Therapie.
Letzte Aktualisierung: 21.01.2016